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Holzschutz ohne Chemie: Glasschicht statt Farbschicht
Mittels Plasmaverfahren veredelt ein junges, ostdeutsches Forscherteam Holzoberflächen mit einer hauchdünnen Glasschicht und macht Holzprodukte dadurch nahezu unverwüstlich
Erfurt (hs). Wer denkt, der älteste Baustoff in der Menschheitsgeschichte sei technologisch ausgereizt, der irrt. Im Gegenteil: Ein junges Forscherteam aus Greifswald (MV) bereitet eine Revolution in der Beschichtung von Holzoberflächen vor. Statt herkömmlicher erdölbasierter Holzschutzprodukte wie Lasur, Farbe oder Öl soll eine hauchdünne, gleichwohl dauerhaft robuste Glasschicht das Holz vor UV-Strahlung, Schimmel, Schmutz und Nässe schützen und es nahezu unverwüstlich machen. Das regelmäßige Schleifen und Streichen von Gartenzaun, Fenster oder Car-Port mit mehr oder weniger chemischen und deshalb oft gesundheitsbedenklichen Produkten hätte ein Ende. „Aber nicht nur der Endverbraucher hätte Vorteile, auch der Klimaschutz kommt nicht zu kurz: Durch die hierdurch mögliche Erhöhung der Nutzungsdauer kann klimaschädliches CO2 noch länger in Holzprodukten gespeichert und so die Atmosphäre entlastet werden“, erläutert Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. Einziger Haken: Bisher wurde die Machbarkeit nur im Labor nachgewiesen, Investoren für industrielle Pilotanlagen werden noch gesucht.
Alethia-Wood gewinnt unter anderen auch den Bio-Gründer Wettbewerb 2015
Alethia-Wood, ein dreiköpfiges und schon mehrfach prämiertes Start-up-Unternehmen der Universität Greifswald, mit Physiker Daniel Hupel, Umweltwissenschaftler Jan Schütter und Innovationsmanager Marco Ziegler, sind auf bestem Weg, das Unmögliche möglich zu machen. Der Allroundschutz für Holzoberflächen soll eine unsichtbare, ab ca. 0,005 Millimeter dicke Glasschicht sicherstellen. Gemeinsam mit dem Leibnitz-Institut für Plasmatechnologie (INP Greifswald) ist es dem Team gelungen, Glas auf Holz zu sprühen. Normalerweise würde das Holz sofort verbrennen. Der Clou: Eine von Physiker Hupel patentierte Vorbehandlung, mit der das Holz mittels eines Aerogels einen Hitzeschutz erhält, so dass ein Aufsprühen von etwa 2.200 Grad heißen Glaströpfchen auf Holz möglich wird. Die Verwendung von Aerogel als Hitzeschutz hat sich schon bei dem amerikanischen Spaceshuttle bewährt, dass auf diese Weise den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre thermisch übersteht. Was ein Spaceshuttle im All schützt, schützt erst recht eine Holzoberfläche im eigenen Garten. Die dünnen Glasschichten lassen sich offenporig oder geschlossen gestalten. Damit kann das Holz, nicht nur atmen, sondern erhält auch seine Elastizität, es riecht und fühlt sich an wie vor der Behandlung oder es wird einfach mit einer gläsernen Dampfbarriere versiegelt. Die schützenden Eigenschaften von Glas können mit weiteren Funktionalisierungen, wie Kratzschutz und Schwerentflammbarkeit ergänzt werden. Und wenn doch einmal die Glasbeschichtung Risse bekommt? „Dann wird eine kostengünstige Reparatur möglich sein, wie sie Autofahrer bei der Beseitigung von Glasschäden an der Windschutzscheibe ihres Autos kennen“, so Daniel Hupel.
Investoren mit Venture Capital gesucht
Aber bevor das Team sich mit Lösungen im After-Sale-Markt beschäftigt, muss erst einmal das Kernprodukt die Marktreife erlangen. Bisher konnte mit Fördergeldern des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) die generelle Machbarkeit bewiesen werden. Die Entwicklung einer industrietauglichen Anlage soll nach Möglichkeit noch im vierten Quartal 2018 begonnen werden. Zudem besteht weiteres Potenzial für vielfältige Anwendungsfälle, von der Naturfaser- bis zur Rohrinnenbeschichtung, denkbar. Die Herstellung einer nahezu unverwüstlichen Holzoberfläche dürfte für die heimische Forst- und Holzwirtschaft einen weiteren Innovationssprung bedeuten und die universelle Verwendbarkeit des nachhaltig verfügbaren Roh-, Bau- und Werkstoffes Holz eindrucksvoll unterstreichen.
Quelle/Foto: ThüringenForst, Dr. Horst Sproßmann