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Tiefensee fordert klares Bekenntnis des Bundes zu Ostdeutschland

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6-Punkte-Forderungskatalog / Ostdeutsche oder Ostdeutscher ins Kabinett

Erfurt (lr). Thüringens Wirtschafts- und Wissenschaftminister Wolfgang Tiefensee erwartet von der Bundespolitik auch in Zukunft eine angemessene Berücksichtigung Ostdeutschlands. „Ein Drittel unseres Landes muss sich in einer neuen Bundesregierung wiederfinden“, sagte Tiefensee heute in Erfurt. „Das gilt personell wie auch inhaltlich.“ So sollte aus seiner Sicht künftig wieder ein Ostdeutscher oder eine Ostdeutsche an der Spitze eines wichtigen Ministeriums stehen.

Die derzeitigen Diskussionen um die Regierungsbildung im Bund seien aber vor allem auch ein guter Zeitpunkt, um den inhaltlichen Forderungen und besonderen Interessen der ostdeutschen Länder Gehör zu verschaffen. „Auch dreißig Jahre nach der Friedlichen Revolution gibt es ostspezifische Probleme, die gelöst werden müssen“, so der Minister. Zu den vorrangigen Herausforderungen zählten dabei die weitere Wirtschafts- und Regionalentwicklung, die notwendige Angleichung der Lebensverhältnisse, die längst überfällig Rentenangleichung und die Bekämpfung von Altersarmut. „Was ich erwarte, ist keine Sonderbehandlung des Ostens, sondern eine Politik, die adäquat auf diese Probleme reagiert“, sagte Tiefensee.

Dafür biete der vorliegende Entwurf eines Koalitionsvertrags bereits einen guten Orientierungsrahmen, machte Tiefensee erneut seine grundsätzliche Zustimmung zu einer Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD im Bund deutlich. „Allerdings sind mir viele der im Koalitionsvertrag enthaltenen Aussagen derzeit noch zu schwammig, so dass sie nach der Regierungsbildung schnell konkretisiert werden müssen“, forderte Tiefensee. Aus wirtschaft-, standort- und wissenschaftspolitischer Sicht umfasst sein Forderungskatalog daher sechs Vorhaben, die vordringlich umgesetzt werden müssen:

(1) klare Zusagen für eine weitere gezielte Förderung strukturschwacher Regionen nach Auslaufen des Solidarpakts ab 2020;
(2) der zügige und bedarfsgerechte Ausbau der Breitbandversorgung mit Übertragungsraten im Gigabit-Bereich;
(3) die Verabschiedung eines Einwanderungsgesetzes zur Bekämpfung des Fachkräfteengpasses;
(4) eine gleichmäßige Verteilung der Kosten der Energiewende auf Ost- und Westdeutschland, u.a. durch eine Vereinheitlichung der Netzentgelte;
(5) die Stärkung Ostdeutschlands als Hochschul- und Forschungsstandort, u.a. durch eine Mitfinanzierung der Hochschulen durch den Bund, die Ansiedlung neuer, außeruniversitärer Forschungseinrichtungen in den ostdeutschen Ländern sowie die Einführung einer steuerlichen Begünstigung von Forschungsausgaben der Industrie;
(6) die Stärkung der Investitionskraft der ostdeutschen Kommunen durch zusätzliche Finanzmittel und die Vereinfachung von Bürokratie und Förderrecht.

Ostdeutschland brauche dringend weiterhin verlässliche Unterstützung durch den Bund, um die Anstrengungen der Wirtschaft und Politik in den Bundesländern zu flankieren. „Gerade bei den Energiekosten, aber auch beim Breitbandausbau besteht akuter Handlungsbedarf“, betonte der Minister. Die Stärkung öffentlicher – vor allem kommunaler – Investitionen, etwa in Infrastruktur, Bildung oder Forschung und Entwicklung, stelle eine zentrale wirtschaftspolitische Aufgabe dar. Zudem herrsche nach wie vor Unklarheit über die Zukunft der EU-Strukturfonds, von denen gerade Ostdeutschland in besonderem Maße profitiere. „Hier ist der Bund gefordert, sich in Brüssel mit allem Nachdruck für eine ausreichende Mittelausstattung auch in der Förderperiode ab 2021 einzusetzen.“

Daneben müssten auch die im Koalitionsvertrag enthaltenen Bekenntnisse zur Schaffung der sozialen Einheit Deutschlands zügig in konkrete Maßnahmen und Programme umgesetzt werden, betonte der Minister. Hier seien u.a. die Sicherung auskömmlicher Renten, die Entlastung der ostdeutschen Versorgungssysteme, die Schaffung bzw. die Sicherung bezahlbaren Wohnraums und die Bekämpfung von Altersarmut vordringlich. In diesem Zusammenhang sei beispielsweise die zügige Einrichtung eines Härtefallfonds für Tausende ostdeutsche Rentnerinnen und Rentner notwendig, die aufgrund des Einigungsvertrags im Alter lediglich die Grundsicherung erhalten. Zu den benachteiligten Gruppen gehören hier etwa die vor 1992 geschiedenen Frauen, ehemalige Reichsbahner oder die Beschäftigten in der Braunkohleveredlung. „Ein Härtfallfonds im Umfang von mindestens 500 Millionen Euro würde dazu beitragen, diese Menschen durch Einmalzahlungen oder monatlichen Zuwendungen besserzustellen“, so Tiefensee.

Quelle: TMWWDG

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