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„Sekunden, die sich wie Minuten anfühlen“
Lokalmatadorin Pauline Heßler fiebert Weltcup-Premiere entgegen
Noch einmal prüft Pauline Heßler die Bindung ihrer Sprung-Skier, bevor sie sich mit zwei, drei kräftigen Zügen in die Mitte des silberfarbenen Absprungbalkens zieht. Noch einmal richtet die 23-Jährige mit beiden Händen Sprunghelm und Skibrille, ehe ihr Blick in Richtung Trainerturm geht. Durch das Abwinken wird der Start in die vereiste Keramik-Spur für die Athletin des WSV 08 Lauscha freigegeben.
Noch einmal tief durchatmen, dann geht es los – mit knapp 100 km/h in Richtung Schanzentisch. „Es ist einfach ein Gefühl von Freiheit, wenn man nach dem Absprung in Richtung Tal segelt“, sagt Pauline Heßler und ergänzt: „Ein richtig guter Sprung dauert zwar nur Sekunden, die sich dann jedoch wie Minuten anfühlen.“
Die Lust am Skispringen ist der sympathischen Sportlerin nicht nur auf der Normalschanze (HS 100) der LOTTO Thüringen Schanzenanlage im Kanzlersgrund deutlich anzumerken. Kein Wunder, erfüllte sich für sie doch erst vor wenigen Wochen ein Kindheitstraum. „Ich bin stolz und unglaublich happy über meine Teilnahme an den Olympischen Spielen. Peking war für mich extrem aufregend und auch als deutsches Team sind wir enorm zusammengewachsen. Das Gefühl ‚Olympia‘ ist schwer zu beschreiben, aber die Nervosität war definitiv eine andere“, sagt Pauline Heßler mit einem breiten Grinsen.
Leistungssprung nach Rückkehr
Im zarten Altern von sechs Jahren wurde im Jahr 2004 zunächst Jugendtrainer Jens Greiner-Hiero im heimischen Lauscha auf das sportliche Geschick der ‚kleinen‘ Pauline aufmerksam. „Da es damals keine Mädchen-Klasse gab, musste sie – genauso wie die Görlich-Zwillinge Luisa und Sophia – gleich bei den Jungs antreten. Pauline brachte für ihr junges Alter bereits ein sehr gutes Gleichgewicht sowie koordinative Fähigkeiten mit und konnte von Beginn an vorne mitmischen“, so Greiner-Hiero rückblickend.
Leistungssprung nach Rückkehr
Mit zwölf Jahren folgte der Gang an das Oberhofer Sportgymnasium, ehe 2013 der Wechsel ans Skiinternat in Oberstdorf anstand. Doch erst nach ihrer Rückkehr in den Thüringer Wald 2018 nahm die sportliche Laufbahn der talentierten Springerin wieder richtig Fahrt auf.
Einer, der Pauline Heßler – die vor ihrer Heimkehr mit Rücktrittsgedanken haderte und sich knapp eineinhalb Jahre komplett aus dem Wettkampfbetrieb zurückzog – das Skispringen wieder „schmackhaft“ machte, ist Oberhofs leitender Stützpunkttrainer Ralph Gebstedt.
„In den vergangen drei Jahren hat sich Pauline sehr gut entwickelt. Sie fühlt sich einfach wohl in der Heimat, hat hier ihre Familie und Freunde. Sie hat akribisch an ihren Baustellen gearbeitet und sich die Teilnahme an den Spielen letztlich absolut verdient“, sagt Gebstedt, der seinem Schützling noch einiges zutraut: „Sie kann sich als zweitstärkste Frau durchaus im Weltcup-Team etablieren. Wichtig dafür ist, dass Pauline gesund bleibt. In der Vergangenheit gab es immer wieder kleinere Rückschläge. Seit Peking hat sie mit Schmerzen im Rückenbereich zu kämpfen, weshalb sie nun auch eine Pause verordnet bekam und nicht bei der Raw-Air-Serie in Norwegen gestartet ist.“
Die Teilnahme an der Oberhof-Premiere des VIESSMANN FIS Skisprung Weltcup der Frauen (11. bis 13. März 2022) will sich Pauline Heßler jedoch keinesfalls nehmen lassen. Im Gegenteil. „Ich konnte es kaum glauben, als ich erfahren habe, dass wir in Oberhof ein Weltcup-Springen austragen dürfen“, sagt Pauline Heßler, die es kaum erwarten kann, vor Publikum die ersten heimischen Weltcup-Sprünge zu absolvieren – im Idealfall solche, die sich wie Minuten anfühlen.