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Warum nicht einfach Zitrusbäume in die Wälder pflanzen?
Der Klimawandel erzwingt Wälder, die Trockenheit besser ertragen. Die mediterrane Vegetation zu kopieren, ist trotzdem keine Lösung. Denn strenge Winter sind auch künftig möglich
Erfurt: Heimische Wälder, in denen sich auch Zitronen- oder Orangenbäume finden, agavenreiche Waldränder – eine verführerische Vorstellung, um die Wälder zwischen Harz und Thüringer Wald klimastabiler zu machen. Schließlich ist die seit nunmehr acht Jahren anhaltende Trockenheit eine der größten Herausforderungen für die heimischen Baumarten, der speziell die Fichte und die Buche an vielen Standorten nichts mehr entgegensetzen können. Warum nicht einfach Bäume aus den mediterranen Gegenden Südeuropas in die heimischen Wälder holen? So naheliegend der Gedanke auf den ersten Blick ist, er wird der komplexen Klimasitution, in denen sich die Wälder befinden, in unseren Breitengraden nicht gerecht.
Südländische Waldvegetation ist keine Option
„Die Klimaforscher sagen uns zwar eine verlängerte Vegetationsperiode, heiße und trockene Sommer sowie milde Winter voraus, aber eben auch eine Zunahme von Wetterextremen nach Anzahl und Intensität“, so Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. „Dazu gehören auch extreme Kälteeinbrüche im Winter, wie auch zusätzlich Früh- oder Spätfröste“. Letzteres Witterungsphänomen ist vielen noch in Erinnerung. Mitte Mai 2020 führte ein Spätfrost zum größten gleichnamigen Schadereignis, das Thüringens Wälder in den letzten Jahrzehnten erleben mussten. Rund 7.000 Hektar Spätfrostschäden, insbesondere an Buche, aber auch an Fichte und Kiefer, mussten Waldbesitzer und Förster feststellen. „Dürretoleranz ist eben nur ein Kriterium, das klimastabile Zukunftsbäume erfüllen müssen, bei weitem nicht das Einzige“, so Gebhardt weiter. Gärtner und Obstbauern wissen um dieses Problem: Sie schützen mediterrane Gehölze im Wintergarten oder Obstbäume im Winter mit künstlich produzierten Eispanzern vor tiefem Frost. Für Waldbäume ist dies keine Option. Klimastabile Zukunftsbäume müssen sowohl große Hitze und Trockenheit, wie auch tiefste Temperaturen ertragen können. Diesen Temperaturschwankungen trotzen nur spezielle Baumarten oder auch Herkünfte. Womit auch die Genforschung herausgefordert ist: Es gilt, Bäume zu finden, die mit geeigneten Anlagen ausgestattet sind.
Klimabaumartenversuch in Nordthüringen
Deshalb forscht die ThüringenForst-AöR am Forstlichen Forschungs- und Kompetenzzentrum Gotha (FFK) nicht an Zitronen – oder Orangenbäumen, sondern aktuell an Libanonzeder, Orientbuche, Silberlinde, Türkischer- und Hemlocktanne. Baumindividuen, die oft genug kontinental geprägten Herkunftsgebieten, z. B. dem Taurusgebirge, entstammen. Dort herrschen sowohl heiße Sommertemperaturen, wie auch frostige Wintertemperaturen – eine Klima-Melange, die die Klimaexperten für unsere Breitengrade in etwa 50 bis 70 Jahren voraussagen.
„Die Vorstellung, am Ende dieses Jahrhunderts bei Oberhof durch pitoreske Olivenhaine spazieren zu können, geht aber an der Realität nicht nur um Haaresbreite vorbei“, so Gebhardt abschließend. Die Folgen des Klimawandels sind für die heimischen Wälder deutlich komplexer. Aber Thüringens Forstleute sind auf einem guten Weg, um nachfolgenden Förstergenerationen solide Handlungsoptionen für die Wälder im Freistaat mitzugeben.