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Erlass von Allgemeinverfügungen des Freistaates Thüringen zur Corona-Krise

Veröffentlicht von

Erfurt (lr). Die NHZ veröffentlicht an dieser Stelle den „Erlass von Allgemeinverfügungen zum Verbot und zur Beschränkung von Kontakten in besonderen öffentlichen Bereichen und zum Umgang mit Reiserückkehrern aus Risikogebieten und besonders von der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 betroffenen Gebieten einschließlich Personen, die einen persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das neuartige SARS-CoV- 2 im Labor nach gewiesen wurde“, der morgen, 18. März 2020, in Kraft tritt, im Wortlaut:

 

Der Ministerpräsident

Thüringer Staatskanzlei · Postfach 90 02 53 · 99105 Erfurt

Präsidenten des
Thüringer Landesverwaltungsamtes Herrn Frank Roßner
Postfach 2249
99403 Weimar

Erlass von Allgemeinverfügungen zum Verbot und zur Beschränkung von Kontakten in besonderen öffentlichen Bereichen und zum Umgang mit Reiserückkehrern aus Risikogebieten und besonders von der Aus breitung des Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 betroffenen Ge bieten einschließlich Personen, die einen persönlichen Kontakt zu ei ner Person hatten, bei der das neuartige SARS-CoV- 2 im Labor nach gewiesen wurde

Sehr geehrter Herr Präsident,

aufgrund der §§ 2 Abs. 2, 10 der Verordnung über den öffentlichen Gesundheitsdienst und die Aufgaben der Gesundheitsämter in den Landkreisen und kreisfreien Städten, § 2 Nr. 5 und § 5 Thüringer Verordnung von Zuständigkeiten und zur Übertragung von Ermächtigungen nach dem Infektionsschutzgesetz, §§ 88 Abs.1 Satz 2, 118 Abs.5 Satz 1 Thüringer Kommunalordnung, weise ich Sie wie folgt an:

Durch Allgemeinverfügung auf der Grundlage von § 28 Abs.1 Satz 1 und 2 Infektionsschutzgesetz (lfSG) nach dem in Anlage bereitgestellten Muster sind folgende Maßnahmen umzusetzen:

1. Schließung von Einrichtungen und Angeboten

Für den Publikumsverkehr zu schließen sind die folgenden Einrichtungen und Angebote unabhängig von der jeweiligen Trägerschaft oder Eigentums verhältnissen:

  • Bars, Clubs, Diskotheken, Theater, Kinos, Konzerthäuser, und Museen;
  • Fitness-Studios, Schwimm-, Freizeit- und Erlebnisbäder, Saunen und Solarien;
  • Angebote von Volkshochschulen, Musikschulen und sonstigen Bildungseinrichtungen;
  • Zusammenkünfte in Vereinen, sonstigen Sport- und Freizeiteinrichtungen und -angeboten bzw. Sportanlagen;
  • Messen, Ausstellungen, Spezialmärkte, Wettannahmestellen und ähnliche Unternehmen im Sinne der Gewerbeordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999 (BGBI. 1 S.202);
  • Vergnügungsstätten im Sinne der Baunutzungsverordnung vom 21.
    November 2017 (BGBI. 1 S. 3786);
  • Prostitutionsbetriebe;
  • Einrichtungen, Angebote und Maßnahmen für Familien nach§ 16 SGB VIII wie z.B. Familienzentren, Familienferienstätten, Familienbildungsangebote freier Träger, Verbände und Gruppenangebote in Geburtshäusern;
  • Mehrgenerationenhäuser;
  • Offene Senioreneinrichtungen der Seniorenarbeit wie z.B. Seniorenclubs, Seniorenbüros;
  • Jugendbildungs-, Jugenderholungs- und Jugendfreizeitstätten ein- schließlich Jugendclubs sowie Jugendherbergen i.S.v. § 11 SGB VIII;
  • Tagespflegeeinrichtungen nach SGB XI;
  • Beratungsstellen;
  • Frauenzentren.

Für den Sportbetrieb von Kaderathleten in Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 2020 können Ausnahmen durch die zuständige Behörde zugelassen werden sofern dies im Einzelfall unerlässlich ist.
Eine telefonische und elektronische Erreichbarkeit kann aufrechterhalten werden.

2. Schließungen, Verbote und Maßnahmen in Krankenhäusern, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen sowie stationären Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe nach dem Thüringer Wohn- und Teilhabegesetz {ThürWTG)

Kantinen, Cafeterien oder andere der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtungen für Patienten und Besucher sind zu schließen. Sämtliche öffentliche Veranstaltungen, insbesondere Vorträge, Lesungen, Informationsveranstaltungen sind untersagt.
Besuchsverbote sind auszusprechen . Es ist maximal ein registrierter Besuch pro Patient bzw. Bewohner pro Tag mit Schutzmaßnahmen und Hygieneunterweisung zuzulassen. Besuche von Personen unter 16 Jahren, Besuchern mit Atemwegsinfektionen oder Personen nach Ziffer 5 dieses Erlasses sind untersagt. Für medizinische und ethisch-sozial angezeigte Besuche (z.B. Kinder- und Palliativstationen, Hospize) können abweichende Regelungen getroffen werden, sofern ein ausreichend hoher Infektionsschutz sichergestellt wird.
Für stationäre Einrichtungen und besondere Wohnformen für Menschen mit Behinderung gemäß § 2 ThürWTG gilt zum Schutz Bewohner ein generelles Besuchsverbot. In besonders begründeten Ausnahmefällen kann die Einrichtungsleitung Ausnahmen zulassen. In diesem Fall

  • sind aller erforderlichen Schutz- und Hygienemaßnahmen sicherzustellen,
  • ist dies unverzüglich der Heimaufsicht anzuzeigen.

Die genannten Einrichtungen haben Maßnahmen zu ergreifen, um das Eintragen von Coronaviren SARS-CoV-2 zu erschweren. Patienten und Personal sind unverzüglich und im höchstmöglichen Maße zu schützen. Krankenhäuser müssen im Rahmen des COVID 19 Konzepts des TMASGFF und soweit medizinisch vertretbar, ihre Personellen und sonstigen Ressourcen schwerpunktmäßig für die Behandlung von Patienten mit COVID 19 oder Verdacht hierauf, einsetzen. Auf dem Gebiet der lntensivpflege ist das ärztliche und pflegerische Personal unverzüglich hin sichtlich der Handhabung von Beatmungsgeräten sowie der Behandlung von Patienten mit COVID 19 oder Verdacht hierauf zu schulen.

3. Beschränkungen beim Betrieb von Gaststätten und Bibliotheken

Gaststätten im Sinne des Gaststättengesetzes dürfen nur für den Publikumsverkehr geöffnet werden, wenn die Plätze für die Gäste so angeordnet werden, dass ein Abstand von mindestens 1,5 Metern zwischen den Tischen gewährleistet ist. Stehplätze sind so zu gestalten, dass ein Abstand von mindestens 1,5 Metern zwischen den Gästen gewährleistet ist. Gaststätten im Reisegewerbe im Sinne des Gaststättengesetzes dürfen für den Publikumsverkehr nur geöffnet werden, wenn die Maßgaben nach Ziffer 3 Satz 1,2 gewährleistet ist.

Diese Maßnahmen gelten entsprechend für Beherbergungsbetriebe bei der Bewirtung von Übernachtungsgästen sowie Bibliotheken.

4. Betretungsverbote für Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM); Untersagung von Angeboten

Werkstätten für behinderte Menschen, alle Formen von Förderbereichen sowie Arbeitsbereiche anderer Leistungsanbieter dürfen von den dort beschäftigten und betreuten Menschen mit Behinderungen nicht betreten werden.

Von diesem Betretungsverbot ausgenommen sind diejenigen Menschen mit Behinderung, die eine Betreuung während des Tages benötigen und deren Betreuung anderweitig nicht sichergestellt werden kann.

Angebote der Eingliederungshilfe für diejenigen Menschen mit Behinderung, die

  • sich in besonderen Wohnformen (ehemaliges stationäres Wohnen) befinden;
  • bei Erziehungsberechtigten, Eltern oder sonstigen Angehörigen wohnen und deren Betreuung sichergestellt ist;
  • die alleine oder in Wohngruppen wohnen und sich selbständig versorgen können oder eine Betreuung erhalten

sind untersagt.

5. Besondere Betretungsverbote für Reiserückkehrer aus Risiko gebieten und besonders von der Ausbreitung des SARS-CoV-2 betroffenen Gebieten sowie Personen, die einen persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das neuartige SARS-CoV- 2 im Labor nachgewiesen wurde

Personen, die sich in einem Risikogebiet oder einem besonders von der Ausbreitung des SARS-CoV-2 betroffenen Gebiet entsprechend der jeweils aktuellen Festlegung durch das Robert Koch-Institut (RKI) aufgehalten haben,
oder
die einen persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das neu artige SARS-CoV-2 im Labor nachgewiesen wurde

dürfen für die Dauer von 14 Tagen nach Rückkehr aus diesem Gebiet bzw. 14 Tagen nach dem letzten Kontakt zu der mit SARS-CoV-2 infizierten Person die folgenden Einrichtungen bzw. Menschenansammlungen nicht betreten bzw. daran teilnehmen oder dort Tätigkeiten ausüben:

  • Einrichtungen nach § 33 Nr. 1 bis 5 lfSG (Kindertageseinrichtungen und Kinderhorte, erlaubnispflichtige Kindertagespflegestellen, Schulen, Heime, in denen überwiegende minderjährige Personen betreut werden und Ferienlager) sowie betriebserlaubte Einrichtungen nach § 45 SGB VIII (stationäre Erziehungshilfe), ausgenommen von dem Betretungsverbot sind Personen, die einer gesetzlichen Unterbringungspflicht unterliegen;
  • Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Nr. 1 bis 10 lfSG ausgenommen von dem Betretungsverbot sind behandlungsbedürftige Personen sowie Personen, die unter adäquaten Schutzmaßnahmen an COVID 19 erkrankte Personen in diesen Einrichtungen behandelt bzw. ge pflegt;
  • stationäre Einrichtungen der Pflege und besondere Wohnformen der Eingliederungshilfe; ausgenommen von dem Betretungsverbot sind behandlungs- und pflegebedürftige Personen;
  • Einrichtungen nach § 33 Ziffern 1, 3 lfSG die für die Notbetreuung weiterhin geöffnet sind;
    Hochschulen;
  • Frauenhäuser, Frauenschutzwohnung
    Gaststätten;
  • Veranstaltungen, Versammlungen und Ansammlungen von mehr als sieben Personen.

Als Aufenthalt nach Ziffer 5 Satz 1 gilt nicht ein nur kurzzeitiger Aufenthalt in Risikogebieten, z.B. im Rahmen einer Durchreise {Tankvorgang, übliche Kaffeepause oder Toilettengang). Die Dauer des Betretungs-/Tätigkeitsverbotes kann 14 Tage überschreiten, wenn bei der Betroffenen Person eine SARS-CoV-2-lnfektion nachgewiesen wird.

Bei Reiserückkehrern nach Ziffer 5 Satz 1, deren Tätigkeit zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit von stationären Einrichtungen des Gesundheitswesens unabdingbar ist, kann im Rahmen einer Risikoabwägung zwischen der Ansteckungsgefahr und der notwendigen Tätigkeitsaufnahme abgewogen werden, ob eine Beschäftigung ganz oder in modifizierter Weise möglich ist. Das Risiko der Infektionsweitergabe bei Aufnahme einer Tätigkeit innerhalb von 14 Tagen nach Verlassen des Risikogebietes ist nach derzeitigem Kenntnisstand soweit vermindert, dass eine Arbeitsaufnahme für diese Berufsgruppen möglich erscheint, wenn

  • ein frühestens 6 Tage nach Verlassen des Risikogebietes durchge führter Test auf SARS-CoV-2 negativ ausfällt,
  • weder vor noch nach diesem Zeitpunkt innerhalb der 14-Tage-Frist Krankheitszeichen oder positive Testergebnisse beim Reisenden auf treten und dies dem Arbeitgeber täglich bestätigt wird,
  • die Tätigkeit unter adäquater Schutzausrüstung und Einhaltung der empfohlenen Schutzmaßnahmen ausgeführt wird.

6. Inkrafttreten

Dieser Erlass tritt am 18. März 2020 in Kraft. Er tritt mit Ablauf des 19. Aprils 2020 außer Kraft.

Mit freundlichen Grüßen

Bodo Ramelow              Heike Werner

Quelle: TSK

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