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„Familie Brasch“ weckte Neugier der Hildburghäuser

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Filmisches Zeitpanorama, das Geschichte als Familiengeschichte erlebbar macht – eine Rückschau

Hildburghausen. Gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildung hatte die Stadt- und Kreisbibliothek am 12. November in den Bürgersaal im historischen Rathaus Hildburghausen eingeladen, diesmal ausnahmsweise zu einem Filmabend und nicht zu einer Lesung. Mit dem Filmtitel des Dokumentarfilms „Familie Brasch“ konnten im Vorfeld die wenigsten etwas anfangen, außer dass er irgendwie im Kontext zur DDR-Geschichte stand. Die über 50 Gäste wurden für ihre Neugier belohnt. Sie erlebten eine spannende und zugleich anrührende Familiengeschichte, bestehend aus vielen Interview-Fragmenten, Filmsequenzen aus Vergangenheit und Gegenwart sowie der begleitenden Moderation, die diese sparsam erläuterte und miteinander verknüpfte. Die Familiengeschichte selber erklärte sich aber auch von selbst aus den stückweise entstehenden Porträts der Familienmitglieder und den Erläuterungen von Marion Brasch. Diese kam, als jüngstes Kind von Horst und Gerda Brasch, im Film immer wieder zu Wort, und so fügten sich die Puzzleteile geschickt ineinander. Die Eltern Brasch waren aus dem englischen Exil in die neu gegründete DDR übergesiedelt, wo vor allem Horst Brasch, der eng mit dem jungen Erich Honecker befreundet war, gemeinsam mit Gleichgesinnten die Vision vom Sozialismus verwirklichen wollte. Voller Enthusiasmus und Tatendrang und überzeugt vom Kommunismus, begann er mit der politischen Arbeit. Seine Frau Gerda, die als jüdische Jugendliche in Wien verfolgt worden war, teilte seinen Enthusíasmus nicht in gleichem Maße. Sicher lag es daran, dass sie sich in der DDR nicht zu Hause fühlte und sich durch die Geburt und Erziehung der vier Kinder nicht genauso engagieren konnte. Ihr Traum von einer künstlerischen Karriere endete hier. Die Kinder erbten das Talent der Mutter und die rhetorischen Fähigkeiten des Vaters, allerdings suchten sie einen anderen Weg als dieser. Vor allem Thomas, der Älteste, geriet mit seinem überzeugten Vater in Widerstreit, da er die DDR kritisch sah und sich mit entsprechend kritisch denkenden Freunden umgab. Dass er bereits als Kind vom Vater in die einzige Kadettenanstalt der DDR gesteckt worden war, um Offizier zu werden, traumatisierte ihn zutiefst und verursachte einen Riss in der Beziehung zum Vater, der nie wieder gekittet werden konnte. Das künstlerische Schaffen des begabten Schriftstellers und Regisseurs scheiterte immer wieder an Zensur und Verbot seiner Filme. Den Höhepunkt der Rebellion gegen die DDR und gegen den Vater bildete die Unterzeichnung des Briefes für Wolf Biermann, den viele DDR-Künstler unterschrieben. Gemeinsam mit seiner damaligen Partnerin Katharina Thalbach „flog“ er aus der DDR und fand sich in Westberlin wieder. Der Vater wiederum musste die Konsequenzen tragen und versuchte sich umzubringen, während die Mutter todkrank im Sterben lag. Klaus Brasch, der als Schauspieler brillierte, erlebte ähnliches wie sein Bruder Thomas. Für alle drei Brüder, auch Peter Brasch war in die Fußstapfen von Thomas und Klaus getreten, war die politische Wende eine Zäsur, mit der sie nicht zurechtkamen. Sie hatten sich Widerstand und im Kampf für eine bessere DDR aufgerieben und dann entschieden sich die ehemaligen DDR-Bürger für den Konsum.

Marion Brasch, das Nesthäkchen, kommt im Film immer wieder zu ihrer Rolle im Familienverband zu Wort. Sie erklärt überzeugend, dass sie nicht priviligiert sondern ganz normal mitten in Berlin aufgewachsen ist. Als Jüngste hatte sie ein feines Gespür für die Spannungen innerhalb der Familie, die sie durch besonderes „Bravsein“ ausgleichen wollte und so hat sie funktioniert. Als Journalistin und Autorin hat sie ihre Familiengeschichte in dem Buch „Ab jetzt ist Ruhe“ aufgeschrieben und verarbeitet, das den Anstoß zum Film gab.

Abschließend stand sie noch kurz Rede und Antwort, doch der Film sprach für sich und sollte nicht zerredet werden. Resümee: Die Dokumentation zeigt ein Stück DDR-Geschichte wohltuend abseits vom Mainstream mit seinen Pauschalisierungen und fern von Schwarz-Weiß-Malerei. So wie in der DDR im Großen zeigt er im Kleinen in der Familie die unterschiedlichen Haltungen und Lebensentwürfe der Menschen mit all ihren Konflikten, konträren Meinungen, Zerwürfnissen und Unversöhnlichkeiten.

Begleitet wurde der Film durch eine Fotoausstellung des Stadtmuseums Hildburghausen zur politischen Wende in Hildburghausen, die Vorführung organisierten Uwe Müller und Holger Anschütz und die Buchhandlung am Markt präsentierte Bücher zur Wendezeit und zum Film.

Text/Foto: Dorothea Allmeritter

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