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Waldgeheimnisse: Wohin verschwindet das ganze Herbstlaub?
Milliarden von Blättern fallen jetzt im Herbst von den Bäumen, und trotzdem finden sich im Frühjahr keine Laubberge
Erfurt (hs). Es ist immer wieder verblüffend: Im Herbst fallen in Thüringens Wäldern Milliarden von Buchen, Eschen-, Ahorn-, Linden und Eichenblätter zu Boden. Eine einzige Altbuche lässt jährlich eine halbe Million Blätter fallen. In einem Hektar Mischwald, knapp eineinhalb Fußballplätze, ergibt dies etwa fünf Tonnen Laub. Das bildet oft genug eine dicke Schicht auf dem Boden, auf der es sich als Waldfreund sogar komfortabel wandern lässt. Im Frühjahr nach der Schneeschmelze, wenn die ersten Sonnenstrahlen vom Winterende erzählen, ist so gut wie wieder alles weg. Und das in wenigen Monaten. Kein Forstwirt hat sie eingesammelt und entsorgt. Manch einer vermutet, dass die Herbstblätter Verwendung als Nahrung oder Baumaterial für das Winternest bestimmter Waldtiere gefunden haben. Weit gefehlt – oder vielleicht doch nicht?
„Eine geradezu unermessliche Zahl von Insekten, Würmern, Pilzen und Bakterien sorgen dafür, dass das Herbstlaub über die Wintermonate verschwindet“, so Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. Diese kleinen und kleinsten Waldbewohner zerstückeln und fressen tatsächlich die Blätter, um sie dann wieder auszuscheiden. Kurzum: Aus dem Herbstlaub wird bis zum Frühjahr wieder fruchtbarer Humus. Diese evolutionär über Jahrmillionen gewachsenen Gemeinschaften zwischen Pflanzen einerseits und Tieren, Pilzen und Bakterien andererseits ist im Wald, dem naturnahesten Landökosystem in Mitteleuropa, ein perfekt austariertes System. In einem Gramm Boden können allein 100 Millionen Bakterien mit 4.000 bis 7.000 Arten leben. Es funktioniert so gut, dass sogar die Bäume kurz vor dem Blattfall diesem Organ das wichtige Chlorophyll entziehen und Pilze und Bakterien schon am Baum die Zersetzung beginnen.