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Wird die Nacht zum Tag stirbt die Umwelt

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Aktuelle Forschungen zeigen, dass die Lichtverschmutzung unserer Umwelt katastrophale Auswirkungen auf Insektenpopulationen hat. Und Insektizide dafür nicht allein ursächlich sind

Erfurt (hs). Ökologen des Berliner Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei untersuchen in einem Forschungsversuch in Brandenburg die Wirkung von nächtlichen Lichtquellen auf Insektenpopulationen. Die bisherigen Ergebnisse zeigen: Straßenlaternen wirken wie Staubsauger und dezimieren Fluginsekten in einem bisher nicht gekannten Ausmaß. Mehr noch: Lineare Lichtquellen, etwa entlang von Straßenführungen, wirken wie künstliche Zäune und zergliedern Insektenpopulationen mit der Folge, dass deren Genpool verarmt. Nach einer Studie aus 2017 ging in nur 27 Jahren die Biomasse bei Fluginsekten in deutschen Naturschutzgebieten um mehr als 75 % zurück – im Offenland. Für den Wald traf die Studie dagegen keine Aussage.

Insekten sind für den Menschen unersetzlich

„Insekten sind die artenreichste Gruppe aller Lebewesen und stellen über 70 % der Tierarten weltweit. Auch für die heimischen Wälder sind sie durch ihre vielfältigen ökosystemaren Funktionen unersetzlich. Durch unsere nachhaltige und naturnahe Waldwirtschaft schützen wir nicht nur Insekten, sondern fördern sie auch“, erläutert Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. Für den Menschen sind die Leistungen der blütenbestäubenden Insekten von zentraler Bedeutung, bestäuben sie doch 80 % aller Nutzpflanzen. Insekten bilden aber auch die Nahrungsgrundlage für Spinnen, Vögel, Reptilien, Amphibien und Säugetiere. Am und im Boden sind Insekten Teil der Nährstoffkreisläufe sowie die Humusbildung. Im Wasser lebende Insektenlarven tragen zur Gewässerreinigung bei.

Forscher sind sich einig: Licht ist ein Insektenkiller

An einem einmaligen Laternentestfeld in Brandenburg erforschen die Leibniz-Ökologen seit 2012 die Lockwirkung von Laternenlicht. Wurden Hell-Dunkel-Felder verglichen, so fanden sich an Straßenlampen bis zu 267-mal so viele Insekten. Die Lampen wirken wie Staubsauger, die Insekten werden angezogen, umkreisen die Lichtquellen bis zur Erschöpfung und stürzen sodann auf den Boden, wo die Fressfeinde schon warten. Künstliche Lichtquellen, da sind sich die Forscher einig, greifen massiv ins Verhalten der Insekten ein. Statt zu fressen, sich zu paaren und zu jagen kreisen sie um Straßenlampen, egal, ob ältere Natriumdampflampen oder moderne LED-Leuchtmittel. Weiterer fataler Effekt: Linear angeordnete Lichtquellen, etwa entlang von Straßen, wirken wie ein künstlicher, unüberwindbarer Zaun. So werden Insektenpopulationen zergliedert und deren Genpool eingeschränkt. Neu ist die Erkenntnis allerdings nicht. In einer Studie aus den 1960er Jahren wurden ähnliche Phänomene an einer neu eröffneten, intensiv beleuchteten Tankstelle beschrieben.

 ThüringenForst setzt auf naturnahe und nahezu pflanzenschutzmittelfreie Forstwirtschaft

„Auch wenn die jüngsten Forschungsergebnisse erkennen lassen, dass Pflanzenschutzmittel nicht die einzige Ursache für das Insektensterben sind, werden wir deren Verwendung bei ThüringenForst noch mehr als bisher minimieren“, so Gebhardt weiter. Erst vor kurzem legte die Landesforstanstalt einen Bericht vor, demnach der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln 2017 im Staatswald im neunten Jahr in Folge sank. Auf flächigen Insektizideinsatz wurde gar vollständig verzichtet. Zentralpunkt ist für Gebhardt eine naturnahe, ausdrücklich insektenfreundliche Forstwirtschaft, auch wenn die meisten heimischen Waldbäume windbestäubt werden. Die vielfältigen Funktionen der Insekten, etwa in den Nahrungsnetzwerken des Waldes oder für die Bodendurchlüftung wie auch –humusbildung, sind derart systemrelevant, dass deren Schutz und Förderung für Förster und Waldbesitzer große Bedeutung zukommt. Und mit dem Insektenschutz kennen sich die Grünröcke traditionell gut aus: Den Ameisenschutz im Wald lernen Forsteleven schon im ersten Forstschutzsemester, lange bevor sie die Grundlagen der Holzernte vermittelt bekommen.

Quelle: ThüringenForst, Dr. Horst Sproßmann

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