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Wolfgang Tiefensee

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Strukturwandel in der Automobilbranche

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Tiefensee fordert mehr Dialogbereitschaft und bessere Konzepte der Hersteller – „Politik wird zu oft vor vollendete Tatsachen gestellt“ – Land verfügt über breite Palette an Unterstützungsmöglichkeiten

Erfurt (lr). Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee hat mehr Dialogbereitschaft der Automobil- und Zulieferbranche gefordert. „Wir erleben es zu oft, dass Unternehmen ihre Beschäftigten, aber auch die Politik mit Plänen zu Standortschließungen und Produktionsverlagerungen vor vollendete Tatsachen stellen“, sagte Tiefensee angesichts von Ankündigungen der Zulieferunternehmen Norma, Eaton und Continental, Werke in Nordthüringen zu schließen.  „Von Unternehmen, die seit Jahren von den guten Rahmenbedingungen am Standort Deutschland profitieren und oft auch mit finanzieller Förderung durch den Steuerzahler groß geworden sind, erwarte ich ganz einfach mehr Kooperation und mehr soziale Verantwortung.“ Das Land stehe jederzeit bereit, um gemeinsam mit betroffenen Unternehmen nach Alternativen zu Standortschließungen zu suchen und entsprechende Lösungen zu unterstützen. „Das müssen die Unternehmen aber auch wollen“, sagte der Minister. „Unser Problem ist derzeit doch, dass die Politik allzuoft in die Rolle einer Feuerwehr gedrängt und immer erst dann zur Rettung gerufen wird, wenn es eigentlich schon zu spät ist.“ Auch beihilferechtlich bestehe dann oft kaum noch Handlungsspielraum.

Grundsätzlich verfüge das Land über einen „gut gefüllten Instrumentenkasten“. Angesichts dessen sei es auch nicht notwendig, hektisch immer neue Förderangebote für die Branche aufzulegen. „Ich halte überhaupt nichts davon, ständig weitere Förderraketen zu zünden – zunächst einmal sollten wir die Instrumente und Programme nutzen, die schon längst auf dem Tisch liegen und die sich in solchen Situationen bewährt haben.“ Er verwies auf die breite Palette von Fördermöglichkeiten auf Bundes- und Landesebene – von der Investitions- und Forschungsförderung, Beteiligungen und Darlehensprogrammen über das Kurzarbeitergeld und die Corona-Überbrückungshilfe bis hin zum neuen 2-Milliarden Euro-Programm des Bundes für Zukunftsinvestitionen der Zulieferindustrie. „Der Fokus muss eher darauf liegen, diese Programme und Initiativen ausreichend zu finanzieren.“ Allerdings müsse auch über eine Lockerung des Beihilferechts nachgedacht werden, durch das der Politik häufig die Hände gebunden seien: „Was nützen immer neue Fördertöpfe, Programme und Fonds, wenn die förderrechtlichen Hürden für die Vergabe der Gelder viel zu hoch sind.“ Hier bestehe ein wesentlicher Ansatzpunkt, um die Spielräume einer aktiven Industriepolitik zu erhöhen.

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Zudem forderte Tiefensee die Branche auf, eigene Konzepte für eine Bewältigung des Transformationsprozesses zu entwickeln. „Neue Förderangebote bringen wenig, solange Ziel und Richtung der weiteren Entwicklung nicht klar sind. Nach wie vor liegen keine tragfähigen Ideen und Konzepte auf dem Tisch, wie die Industrie den Strukturwandel in Deutschland tatsächlich in den Griff kriegen will.“ Dabei nahm der Minister in erster Linie die großen Fahrzeughersteller selbst in die Pflicht. „Es ist die Aufgabe der Automobilkonzerne zu sagen, wo die Reise hingehen soll. Derzeit kommt mir von dieser Seite einfach zu wenig.“ Das wirke sich dann auch negativ auf die vielen kleinen Zulieferfirmen am Ende der Wertschöpfungskette aus, die große Probleme hätten, die Trends exakt abzuschätzen und die richtigen Investitionsentscheidungen zu treffen. „Unser derzeitiges Hauptproblem heißt Unsicherheit – mehr Geld allein wird erst einmal nicht helfen“, sagte Tiefensee.

Eine erneute Absage erteilte der Minister daher auch dem Vorschlag einer allgemeinen Kaufprämie. „Diese Art von Kaufanreizen sind für den Steuerzahler enorm teuer, aber wenig zielgenau. Im beste Falle gibt es Vorzieheffekte, die das eigentliche Problem nur in die Zukunft verlagern.“ Viele Hersteller hätten außerdem ohnehin schon eigene Bonusaktionen gestartet, um die Fahrzeugverkäufe wieder anzukurbeln. Aus der Sicht eines klassischen Zulieferlands wie Thüringen sei stattdessen alles zu befürworten, was der „Automobilindustrie in ihrer gesamten Breite“ nütze. Dazu zählen aus seiner Sicht vor allem erleichterte Abschreibungsmöglichkeiten für die Hersteller und ein europaweiter Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität. Auf der Nachfrageseite könnten durch die Förderung gewerblicher Fahrzeugflotten zusätzliche Konjunkturimpulse gegeben werden.

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Text: TMWWDG, Stephan Krauß; Foto: Olaf Kosinsky (Lizenz: CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons)

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